Püttlinger Pilotprojekt: Tennis für Kleinkinder
PÜTTLINGEN |(tan) Kaum kann der Nachwuchs gehen, da läuft er auch schon über den Tennisplatz. „Spiel und Spaß stehen im Vordergrund“, betont Trainer Franz Becker beim Kleinkinder-Training des TC Rot-Weiß Püttlingen im Espenwald. Das sehen seine Schützlinge genauso. In der rechten Hand trägt Luna (2) den Schläger, links hält sie Mamas Hand. Und der Schnuller bleibt im Mund. Jana (2) hat bis eben ein Mittagsschläfchen gemacht. Sie ist noch nicht ganz munter und bleibt zunächst auf dem Arm der Mutter. Theo (2) wird von seiner Oma begleitet.
Am Vortag, erzählt die Großmutter, habe der Junge seinem Vater gezeigt, wie man den Tennisschläger richtig hält. Theos große Schwester Lia (6) ist ebenfalls mit von der Partie, genauso wie Lunas älterer Bruder Paul (5). Philipp (3) wird von seiner Patin gebracht. Sie hilft ihm, die Schuhe zu wechseln. Der Junge nimmt das erste Mal offiziell am Training teil. Ob es ihm gefällt?
Mit dem Pilotprojekt möchte der Club die Kinder möglichst früh für den Sport begeistern. Viele Tennisvereine haben in der Vergangenheit Mitglieder verloren. Der Boom, der in den 1980er und 1990er Jahren durch die Erfolge von Boris Becker und Steffi Graf ausgelöst worden war, ist längst vorbei. Doch statt zu jammern ließen sich die Püttlinger Tennisfreunde etwas einfallen. Sie lockten mit Schnupperangeboten und investierten in den Nachwuchs: Der Etat für die Jugendarbeit wurde verdoppelt. Das Engagement zeigt Erfolge: In den letzten fünf Jahren stieg die Zahl der Mitglieder von 97 auf 201. Im Nachwuchsbereich ist die Entwicklung ebenfalls beeindruckend: Am 1. Mai 2021 zählte man 20 Kinder, heute sind es 51.
Auf die Idee zum dem Kleinkinder-Pilotprojekt kam Becker, als einer seiner Schützlinge beim Training der Vier- bis Siebenjährigen von seiner kleinen Schwester begleitet wurde. Sie wollte ihrem Bruder nacheifern und versuchte, die Übungen mitzumachen. Der Trainer mit B-Lizenz beschloss, auch die Zwei- und Dreijährigen spielerisch an den Sport heranzuführen. Er besorgte Kinder-Tennisschläger und Schaumstoffbälle. Sie sind für die kleinen Hände gut zu greifen. Und wenn mal ein Ball auf der Nase landet, ist das auch kein Drama. Die Tennisbälle, die zum Einsatz kommen, sind druckreduziert und springen nicht so hoch. In den Lehrbüchern fand Becker keine Übungen für die Alterklasse. „Wir haben alles selbst kreiert“, sagt der 58-Jährige, der mit 13 Jahren erstmals zum Schläger griff.
Die drei Kleinkinder, die sich im Januar zu dem Pilotprojekt angemeldet hatten, sind bei der Stange geblieben. Die ersten zehn Übungseinheiten sind kostenlos. „Die Kinder und die Eltern sind begeistert“, versichert der dreifache Saarlandmeister. Er trainiert die komplette Jugend des TC Püttlingen. Die Stunde mit den Jüngsten, verrät er, sei immer ein Höhepunkt der Woche.
Die Kinder rollen einen Ball zum Partner – zunächst mit der Hand, anschließend per Fuß. Und dann mit dem Schläger, ähnlich wie beim Hockey. Bei der nächsten Übung wird der Ball übers Netz auf Kegel geworfen. Schön fest von oben nach unten. Die Armbewegung erinnert an den Aufschlag. „Super, Jana, toll gemacht“, ruft der Übungsleiter. Doch nicht alles läuft nach Plan. Mitten im Training beginnt ein Mädchen, die Markierungshütchen einzusammeln. „Wir gehen jetzt heim“, verkündet es. Währenddessen experimentiert ein Junge mit einem Pflanzenblatt, das er entdeckt hat. Ob es sich wohl irgendwie am Netz befestigen lässt? Becker bleibt gelassen. Er weiß, dass sich die Kleinen nicht 60 Minuten am Stück konzentrieren können. Auch die Erwachsenen sind entspannt, mit ehrgeizigen Eltern am Spielfeldrand würde das Projekt sicher nicht funktionieren. Es gibt mehrere Trink- und Kuschelpausen.
Die Kinder sind jedenfalls mit Freude bei der Sache. Auch das Mädchen, das das Training abbrechen wollte, bleibt bis zum Schluss. „Weil ihr so gut mitgemacht habt“, dürft ihr noch durchs Wasser laufen“, ruft Franz Becker am Ende der Stunde. Dann schaltet er die Sprinkleranlage ein. „Mama, ich bin pitschnass“, quietscht ein Mädchen wenig später vergnügt. Neuling Philipp hat es gut gefallen, er will wiederkommen. Zum Abschied schenkt ihm Franz Becker noch einen Tennisschläger und ein Trikot. Mit den Präsenten begrüßt der Verein jedes neue Mitglied im Pilotprojekt.
Quelle: Saarbrücker Zeitung